News

Wichtige Änderungen des TTDSG durch das deutsche DSA-Umsetzungsgesetz in Sicht

Wichtige Änderungen des TTDSG durch das deutsche DSA-Umsetzungsgesetz in Sicht

Der (vollständige) Geltungsbeginn des Digital Services Act (DSA), der teilweise auch als „Grundgesetz des Internets“ bezeichnet wird, rückt näher. Erste Vorschriften der europäischen Verordnung gelten bereits jetzt, wozu u. a. die Verpflichtung von Anbietern für Online-Plattformen und -Suchmaschinen zur Nennung ihrer durchschnittlichen monatlichen Nutzeranzahl in der EU gehört. Nähere Informationen zum DSA und dessen Inhalt können auch unserer EU-Digitalgesetzgebungsübersicht entnehmen werden.

Zwar handelt es sich hierbei um eine europäische Verordnung, was bedeutet, dass individuelle mitgliedstaatliche Regelungen für diesen von der EU geregelten Bereich grundsätzlich unzulässig sind. Gleichwohl sehen auch europäische Verordnung regelmäßig für bestimmte Einzelaspekte vor, dass die Mitgliedstaaten individuelle Regelungen treffen dürfen. Oft werden solche Vorgaben als sog. Öffnungsklauseln bezeichnet. Die mitgliedstaatliche Regelung darf dann natürlich nicht im Gegensatz zur jeweiligen europäischen Verordnung stehen.

Das Bundesverkehrsministerium hat die Möglichkeit dieser Öffnungsklauseln im DSA genutzt und Anfang August einen ersten Referentenentwurf für ein Gesetz veröffentlicht. Dieser Entwurf wird derzeit in der Fachöffentlichkeit diskutiert und bringt einige Änderungen mit sich.

Abschied vom Begriff der „Telemedien“ – Auswirkungen auf das TTDSG

In Art. 8 dieses Entwurfs wird u. a. vorgeschlagen, dass der Begriff „Telemedien“ zukünftig durch den Begriff „digitale Dienste“ ersetzt werden soll. Dies ist bereits deshalb relevant, da seit langem umstritten war, ob und wenn ja, wie weit dieses in Deutschland geprägte Begriffsverständnis mit den europarechtlichen Vorgaben zu vereinbaren ist. Denn in Art. 5 Abs. 3 ePrivacy-Richtlinie (Richtlinie 2002/58/EG) ist die Rede vom „Dienst der Informationsgesellschaft“, der eigentlich durch die Richtlinie (EU) 2015/1535 näher definiert wird und gerade nicht von einem Telemedium. Das „alte“ deutsche Verständnis des Telemedien-Begriffs, dessen Reichweite und die Ausformungen, die es ursprünglich im Telemediengesetz (TMG) und nunmehr im Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz (TTDSG) gefunden hat, werden durch diese Änderung zunehmend infrage gestellt.

Der Entwurf begründet die vorgeschlagene Änderung daher auch wie folgt (S. 64): „Das europäische Recht, insbesondere der DSA, deren Durchführung der Hauptzweck des DDG ist, kennt den Telemedienbegriff nicht. Vor dem Hintergrund harmonisierter Vorschriften für einen Binnenmarktes für digitale Dienste bleibt kein Raum für diesen rein national vorgeprägten Begriff.“

Der Begriff „digitale Dienst“ entspricht der Definition des „Dienstes“ nach Art. 1 Abs. 1 b) RL 2015/1535. Dies ist eine Dienstleistung der Informationsgesellschaft, d. h. jede in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz und auf individuellen Abruf eines Empfängers erbrachte Dienstleistung.

Diese Änderung wird auch wortwörtlich greifbar. Denn gemäß Art. 8 des vorgenannten Entwurfs soll der Titel des TTDSG zukünftig zu TDDDG (für „digitale Dienste“) geändert werden.

Praktisch ändern könnte sich damit etwa auch die Auslegung und der Anwendungsbereich von § 25 TTDSG (dann: TDDDG), für den Einsatz von Trackingtechnologien. Denn § 25 Abs. 2 Nr. 2 TTDSG stellt aktuell noch auf einen „Telemediendienst“ ab.

Und nicht zuletzt greift diese Änderung, die vermeintlich nur einen Wechsel von „Telemedien“ zu „digitale Dienste“ betrifft, tiefgreifend in weitere Gesetze ein, in denen vom Telemedium die Rede ist. So soll gemäß Art. 21 des vorgenannten Referentenentwurfs z. B. auch der Begriff des Telemediums in § 7 Abs. 2 Nr. 3 lit. b) UWG geändert werden. Letztere Norm betrifft die Vorgaben für die Werbung u. a. per E-Mail. Sollte der Referentenentwurf in dieser Form verabschiedet werden, wird sich zukünftig die Frage stellen, wann ein digitaler Dienst angeboten wird.

Hinzukommt schließlich, dass Teile des noch existierenden TMG in das neue Digitale-Dienste-Gesetz überführt werden.

Es bleibt abzuwarten, ob der Referentenentwurf des Bundesverkehrsministeriums in seiner bisherigen Form das Gesetzgebungsverfahren passiert.

Empfehlungen

Es empfiehlt sich einerseits, bereits jetzt zu prüfen, wo der Begriff „Telemedium“ für Unternehmen relevant ist und welche rechtlichen Folgen hieran geknüpft sind. Dazu etwa der Bereich der E-Mails oder auch des Tracking auf Webseiten und in Apps. Zukünftig wird dann zu klären sein, ob es sich bei dem relevanten Geschäftsmodell, das sich am Begriff des Telemediums ausrichtete, zukünftig auch noch einen digitalen Dienst darstellt.

Neben dem kommenden Digitale-Dienste-Gesetz empfehlen wir insbesondere Anbietern „digitaler Plattformen“ jeder Art, zu überprüfen, inwiefern sie vom kommenden DSA betroffen und adressiert werden.

Rechtsanwalt, Senior Associate
Johannes Zwerschke, LL.M.
Rechtsanwalt, Senior Associate
Johannes Zwerschke, LL.M.

Zurück

News

Ist mein Unternehmen Anbieter nach der KI-Verordnung? Zum Begriff des „Inverkehrbringens“ nach der KI-VO

Die Einführung der KI-Verordnung (KI-VO) der Europäischen Union hat weitreichende Auswirkungen auf Unternehmen, die KI-Systeme entwickeln und / oder anbieten. Die KI-VO legt eine Vielzahl von Anforderungen fest, die in erster Linie von den Anbietern von KI-Systemen erfüllt werden müssen. Daher ist es für Unternehmen essenziell zu klären, ob sie als „Anbieter“ von KI-Systemen im Sinne der KI-VO gelten.

Gutachten von Piltz Legal zum Cloud-Einsatz im Gesundheitswesen für den bvitg – Fragen zum neuen § 393 SGB V

Seit dem 1. Juli 2024 gilt der neue § 393 SGB V. Darin geht es um den Einsatz von Cloud-Diensten für die Verarbeitung von Gesundheits- und Sozialdaten im Gesundheitsbereich. Piltz Legal hat für den Bundesverband Gesundheits-IT – bvitg e. V. („bvitg“) ein Gutachten zu ausgewählten Fragen der Mitglieder des bvitg erstellt. Dieses Gutachten ist jetzt öffentlich auf der Website des bvitg unter der folgenden URL abrufbar: https://www.bvitg.de/wp-content/uploads/2024-05-27_bvitg-Cloud-Gutachten.pdf.In diesem Newsbeitrag gehen wir auf ausgewählte Themen ein, die auch im Gutachten detaillierter besprochen werden.

Weitere Auszeichnungen für unsere beiden Partner

Wir freuen uns sehr, dass Prof. Dr. Burghard Piltz und Dr. Carlo Piltz weitere Auszeichnungen durch das Handelsblatt erhalten haben und in der 16. Edition der The Best Lawyers in Germany™ inkludiert wurden.

Neuer Referentenentwurf des BMJ: Gesetz zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs – Einsichtnahme in die Patientenakte

Hinsichtlich des Anspruchs auf Erhalt von Informationen und Dokumenten aus einer Patientenakte ist eine Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches geplant. Diese Änderungen schlägt des Bundesjustizministerium in einem aktuellen Referentenentwurf als Reaktion auf das EuGH-Urteil in der C‑307/22 vom 26. Oktober 2023 vor.  

DSK zum datenschutzkonformen KI-Einsatz

Die DSK-Orientierungshilfe „Künstliche Intelligenz und Datenschutz“ adressiert vor allem Verantwortliche, die KI einsetzen, aber auch mittelbar Entwickler, Hersteller und Anbieter von KI-Lösungen. Sie bietet einen Überblick zu aus Sicht der Behörden relevanten Kriterien, soll jedoch nicht als abschließender Anforderungskatalog verstanden werden. Trotzdem enthält das Dokument Verweise auf eine große Vielzahl verschiedener rechtlicher Anforderungen.

Konkretes vom EuGH zum immateriellen Schadenersatz bei Weitergabe intimer Informationen – nur 2.000 EUR Schadenersatz zugesprochen

In der Praxis stellt sich häufig die Frage, in welchen Fällen und in welcher Höhe ein Anspruch auf Ersatz eines immateriellen Schadens bei unzulässigen Datenverarbeitungen besteht. In Deutschland existieren bereits massenhaft Urteile aus verschiedenen Rechtsbereichen hierzu. Jedoch gibt es bislang keine konkreten Aussagen des EuGH zur Höhe eines Schadenersatzanspruchs.