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Neue Vorgaben für Anbieter von Telemedien ab Dezember 2021 – Handlungsbedarf u. a. bei Website- und App-Betreibern

Ab dem 1. Dezember 2021 gilt für alle Anbieter von Telemedien das Gesetz zur Regelung des Datenschutzes und des Schutzes der Privatsphäre in der Telekommunikation und bei Telemedien (TTDSG). Das Gesetz ist u. a. auf Betreiber von Websites und Apps anwendbar.

Das TTDSG setzt die europäischen Vorgaben aus der ePrivacy-Richtlinie in das deutsche Recht um und hat damit auch erhebliche Auswirkungen darauf, wann und unter welchen Umständen Website- und App-Betreiber Cookies und vergleichbare Technologien (d. h. Instrumente, die auf das Endgerät zugreifen, um Zugang zu Informationen zu erlangen, oder die Nutzeraktivität zurückverfolgen können) einsetzen dürfen.

Konkret wird es gemäß § 25 Abs. 2 TTDSG in Zukunft nur in streng geregelten Ausnahmefällen möglich sein, Cookies, Pixel, Fingerprints und ähnliche Trackingtechnologien ohne Einholung einer Einwilligung einzusetzen. Grundsätzlich sieht das TTDSG nach § 25 Abs. 1 TTDSG vor, dass für jeden Zugriff auf ein Endgerät der Nutzer (z.B. deren Smartphone oder Computer) eine individuelle Einwilligung eingeholt werden muss und zwar unabhängig davon, ob personenbezogene Daten verarbeitet werden oder nicht. Während es nach Auffassung der Datenschutzaufsichtsbehörden z.B. bislang möglich war, den Einsatz von Cookies zur Reichweitenmessung (also für Zwecke der statistischen Analyse) auf berechtigte Interessen nach Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO zu stützen, ist noch offen, ob mit Geltung des TTDSG hierfür eine Einwilligung eingeholt werden muss.

Eine Ausnahme für die Einholung einer Einwilligung sieht das TTDSG gemäß § 25 Abs. 2 Nr. 2 TTDSG nur dann vor, wenn der Einsatz von Cookies unbedingt erforderlich ist, um die Website oder App selbst oder einen darin eingebundenen Dienst (der Informationsgesellschaft) bereitzustellen, soweit dies vom Nutzer ausdrücklich gewünscht wird. Diese Ausnahme wird von den europäischen Aufsichtsbehörden eng ausgelegt. Der Einsatz von Cookies für verhaltensbasierte Werbung wird sich daher voraussichtlich nicht durch § 25 Abs. 2 Nr. 2 TTDSG rechtfertigen lassen.

Relevanz kommt § 25 Abs. 2 Nr. 2 TTDSG vor allem in den Fällen zu, in denen der Einsatz von Cookies technisch erforderlich ist. Wann ein Cookie als technisch erforderlich gilt, ist in Deutschland noch nicht abschließend geklärt. Nach einer älteren Ansicht der Art. 29-Datenschutzgruppe können Cookies beispielsweise technisch erforderlich sein, um eine gewünschte Spracheinstellung zu speichern oder eine Warenkorbfunktion anzubieten. Der deutsche Gesetzgeber hat im Rahmen der Verabschiedung des TTDSG allerdings darauf verzichtet, konkrete Beispiele für eine technische Erforderlichkeit gemäß § 25 lit. 2 Nr. 2 TTDSG zu benennen. Entsprechend muss praktisch im Einzelfall geprüft werden, ob der Zugriff auf Informationen oder das Auslesen von Informationen aus dem Endgerät eines Nutzers wirklich technisch erforderlich ist. Prüfbedarf besteht vor allem auch in Fällen, in denen Informationen vom Endgerät der Nutzer dazu verwendet werden, um den Missbrauch eines Dienstes auszuschließen.

Mit der Einführung des TTDSG steigt außerdem vor allem das Bußgeldrisiko für den unrechtmäßigen Einsatz von Trackingtechnologien, da es für die Behörden erheblich leichter wird, eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit nachzuweisen. Während die Aufsichtsbehörden nach aktuell noch geltender Rechtslage für den Erlass eines Bußgeldes nachweisen müssen, dass es zu einer unrechtmäßigen Verarbeitung von personenbezogenen Daten durch den Website-Betreiber gekommen ist (was sich rein technisch gesehen als ausgesprochen schwierig darstellt), muss die Behörde in Zukunft nur noch belegen können, dass Cookies gesetzt wurden, keine Einwilligung dafür vom Nutzer eingeholt wurde und der o. g. Ausnahmetatbestand nicht einschlägig ist. Entsprechend haben auch diverse andere europäische Aufsichtsbehörden in der Vergangenheit ihre Bußgelder im Zusammenhang mit dem Einsatz von Cookies häufig auf die jeweils nationale Umsetzung der Vorgaben aus der ePrivacy-Richtlinie gestützt (siehe z.B. das Bußgeldverfahren der französischen Aufsichtsbehörden gegen Amazon). Für Verstöße gegen das TTDSG können Bußgelder in Höhe von bis zu 300.000 Euro verhängt werden.

Wir empfehlen daher Website- und App-Betreibern dringend bis Dezember zu überprüfen:

  1. Inwieweit werden auf den Unternehmens-Websites oder Apps Cookies, Pixel, Fingerprints und ähnliche Technologien derzeit noch auf Grundlage berechtigter Interessen nach Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO eingesetzt?
  2. Ist für den Einsatz dieser Instrumente zukünftig eine Ausnahmeregelung nach § 25 Abs. 2 TTDSG einschlägig?
  3. Kann in den Fällen, in denen die Ausnahme nach § 25 Abs. 2 TTDSG nicht anwendbar ist, ab Dezember 2021 eine Nutzereinwilligung für den Zugriff auf das Endgerät der Nutzer eingeholt werden?
Rechtsanwalt, Senior Associate
Philip Schweers
Rechtsanwalt, Senior Associate
Philip Schweers

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Erste Schritte zur Umsetzung der Barrierefreiheit auf Websites

In etwa einem Monat gelten die Anforderungen des Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) für viele Websites. Ab dem 29. Juni 2025 müssen die meisten Websites (und übrigens auch Apps) nicht nur barrierefrei sein, sondern auch eine Erklärung zur Barrierefreiheit enthalten.

In diesem Beitrag möchten wir Ihnen aufzeigen, welche Schritte Sie jetzt ergreifen können, um die Anforderungen des BFSG kurzfristig umzusetzen.

Datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit von Behörden bei zentraler Bereitstellung von IT-Fachverfahren

Um Behörden die Bestimmung der datenschutzrechtlichen Verantwortlichkeit beim Einsatz von IT-Fachverfahren zu erleichtern, hat Philip Schweers in der aktuellen Ausgabe 05/2025 des Datenschutzberaters einen Beitrag veröffentlicht.

Den Beitrag können Sie hier kostenlos auf unserer Website als PDF abrufen.

Im Artikel beschreibt Herr Schweers ausführlich, wann aus Sicht des Europäischen Datenschutzausschusses und des Europäischen Gerichtshofs eine gemeinsame Verantwortlichkeit bei Beteiligung mehrerer öffentlicher Stellen in Betracht kommt. Auch für Datenschützer im Unternehmen kann der Beitrag interessant sein, da sich die Ausführungen im Grunde auch auf die Bereitstellung zentraler IT-Anwendungen im Konzern übertragen lassen.

Weiterer Fachaufsatz zum Training von KI-Modellen aus datenschutzrechtlicher Sicht

In der aktuellen Ausgabe 02/2025 (EuDIR 2025, 90) der Zeitschrift für Europäisches Daten- und Informationsrecht (EuDIR) wurde ein Beitrag von Dr. Carlo Piltz und Alexander Weiss mit dem Titel „Datenschutzrechtliche Rechtsgrundlagen für das Training von KI-Modellen“ veröffentlicht.

In dem Aufsatz wird aufgezeigt, welche datenschutzrechtlichen Erlaubnistatbestände aus der DSGVO in bestimmten Fallkonstellationen herangezogenen werden können, wenn KI-Modelle mit personenbezogenen Daten trainiert werden. Zudem werden auch Fragestellungen zur Zweckänderung (Art. 6 Abs. 4 DSGVO) und zur Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten (Art. 9 DSGVO) erörtert.

 

Das Inhaltsverzeichnis der Zeitschrift können Sie hier als PDF aufrufen.

Zweitverwendung personenbezogener Daten in der Forschung: EDSB-Studie zeigt dringenden Handlungsbedarf

Ob Biobank, klinische Studie oder KI-gestützte Gesundheitsforschung: Die Wiederverwendung bereits erhobener personenbezogener Daten für neue wissenschaftliche Fragestellungen – die sogenannte Zweitverarbeitung, Zweitverwendung oder Zweitnutzung – ist aus der modernen Forschung nicht mehr wegzudenken. Sie verspricht Effizienz, Erkenntnisgewinn und gesellschaftlichen Mehrwert. Doch das datenschutzrechtliche Fundament für solche Projekte ist häufig eher unsicher.

Relevante Vorgaben zum Einsatz von KI in Unternehmen und öffentlichen Stellen aus dem Tätigkeitsbericht 2024 des LfDI Baden-Württemberg

In seinem Tätigkeitsbericht für das Jahr 2024 hat sich der Landesbeauftragte für den Datenschutz und Informationsfreiheit Baden-Württemberg (LfDI BaWü) unter anderem auch zum Thema Künstliche Intelligenz (KI) geäußert. Insbesondere wird im Tätigkeitsbericht der Einsatz von KI in Schulen thematisiert (siehe S. 112 ff.). Die dort genannten Vorgaben lassen sich zum Großteil jedoch auch auf andere Sachverhalte anwenden.

Neue Zweifel an der Wirksamkeit des EU-U.S. Data Privacy Framework

Der LIBE-Ausschuss vom Europäischen Parlament hat am 6. Februar 2025 die Kommission darauf hingewiesen, dass das unter dem EU-U.S. Data Privacy Framework („DPF“) geschaffene Privacy and Civil Liberties Board nur noch mit einer Person besetzt ist (siehe dazu auch den Artikel bei Bloomberg). Die anderen Board-Mitglieder wurden von der Exekutive in den USA abberufen. Der Ausschuss bittet die Kommission eine dokumentierte Prüfung zur Verfügung zu stellen, die sich mit den Auswirkungen dieser Änderung befasst.