News

LDA Brandenburg: BSI-Vorgaben zur IT-Sicherheit als „Stand der Technik“ nach Art. 32 DSGVO

Die Landesbeauftragte für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht Brandenburg (LDA) hat am 10. November 2021 gegen einen Website-Betreiber eine Verwarnung nach Art. 58 Abs. 2 lit. b) DSGVO ausgesprochen. Grund für die Verwarnung war insbesondere die Bereitstellung einer Upload-Funktion für Bilder, die nicht ausreichend gesichert war und über die es Angreifern möglich gewesen war, eine Kundendatenbank auszulesen.

Die Behörde sah darin eine Verletzung der Art. 25 Abs. 1 und Art. 32 Abs. 1 lit. b) DSGVO. Interessant an der Behördenentscheidung ist auch, dass diese einen Zusammenhang zwischen Art. 25 und Art. 32 DSGVO (Stand der Technik) und dem BSI-Grundschutz herstellt (hierzu sogleich mehr).

 

Sachverhalt

Ein Unternehmen, welches einen Online-Shop für Handyzubehör betreibt, ermöglichte es seinen Kunden, personalisierte Handyhüllen zu gestalten. Mittels einer Upload-Funktion auf der Website konnten die Kunden eigene Bilddateien hochladen. Diese Funktion nutzten Angreifer aus, um eine manipulierte JPG-Datei hochzuladen. Dadurch wurden die Systeme des Website-Betreibers kompromittiert. In die Bilddatei war ein schädlicher Code in der Programmiersprache PHP eingebettet, dessen Ausführung das Auslesen der Kundendatenbank ermöglichte. Außerdem sei die Ausführung weiterer schädlicher Befehle möglich gewesen. Damit hätte die Manipulation von Datenbankeinträgen oder das Löschen der gesamten Datenbank erfolgen können.

 

Ansicht der LDA

Die Datenschutzbehörde sah in diesem Vorfall einen Verstoß gegen Art. 25 Abs. 1 und Art. 32 Abs. 1 lit. b) DSGVO. Der Webshop sei nicht ausreichend gegen das Hochladen von ausführbarem Code mit bösartigen Funktionen geschützt gewesen. Das Unternehmen hätte jedoch das Risiko des Missbrauchs der Upload-Funktion bei der initiativen Gestaltung des Dienstes sorgfältig und detailliert bewerten müssen.

Weiterhin hätte das Unternehmen entsprechende technische und organisatorische Maßnahmen auf seiner Internetplattform auch "im Zeitpunkt der tatsächlichen Verarbeitung" umsetzen müssen, insbesondere um die Vertraulichkeit und Integrität der Systeme und Dienste dauerhaft zu gewährleisten. So hätten unautorisierte Änderungen des Systems oder der angebotenen Dienste durch Infiltration und Ausführung von Schadsoftware rechtzeitig und wirksam verhindert werden können. Eine Verletzung der Vertraulichkeit und Integrität der Systeme und Dienste hätte so verhindert werden können.

Die LDA betont, dass dem Unternehmen hätte bewusst sein müssen, dass das Angebot, Dateien auf die betriebene Internetplattform hochzuladen, Angreifer anzieht. Das Unternehmen hätte erkennen müssen, dass diese Angreifer versuchen werden, Schadsoftware zu platzieren, welche dann auch im Rahmen der Verarbeitung personenbezogener Daten zur Ausführung kommt. Die Wahrscheinlichkeit solcher Missbrauchsaktivitäten sei erheblich, was durch häufige Berichte über solche Sicherheitsvorfälle bestätigt werde.

 

Der Zusammenhang zwischen Art. 25 und Art. 32 DSGVO (Stand der Technik) und dem BSI-Grundschutz

Die Behörde stellt in ihrer Entscheidung einen Zusammenhang zwischen Art. 32 DSGVO (in dem auf den „Stand der Technik“ verwiesen wird) und dem BSI-Grundschutz her. So seien beispielsweise die im IT-Grundschutzkompendium des BSI (Version 2020) gemachten Vorgaben als Stand der Technik anzusehen. Dass unter anderem ein Schutz der Upload-Funktion zum Stand der Technik gehört, ergibt sich nach Ansicht der Behörde bereits aus der Auflistung entsprechender Maßnahmen im BSI-Grundschutz. In diesem Zusammenhang verweist die LDA auf verschiedene Punkte des BSI-Grundschutzes:

So nennt die Behörde das Modul APP.3.1 "Webanwendungen" mit Bedrohungen wie "Unbefugtes Eindringen in IT-Systeme" (G 0.23), "Identitätsdiebstahl" (G 0.36) und "Schadprogramme" (G 0.39). Als Gegenmaßnahmen werden in diesem Modul zum Beispiel die obligatorischen Maßnahmen "Kontrolliertes Einbinden von Daten und Inhalten bei Webanwendungen" (APP.3.1.A4), "Umfassende Eingabevalidierung und Ausgabekodierung" (APP.3.1.A16) und "Überprüfung von Webanwendungen auf Sicherheitslücken" (APP.3.1.A22) genannt. Zu den Sicherheitsmaßnahmen gehören auch "Absicherung von Datei-Uploads und -Downloads" (APP.3.2.A3) und "Integritätsprüfungen und Schutz vor Schadsoftware" (APP.3.2.A14).

Die Behörde stellt also fest, dass die im BSI-Grundschutzkompendium als gefordert oder empfohlen gelisteten Maßnahmen als Stand der Technik anzusehen sind. Sie sind aus den Erfahrungen von häufigen Sicherheitsvorfällen und Gegenmaßnahmen entwickelt worden und haben sich in der Praxis bewährt. Dem Unternehmen hätte klar sein müssen, dass entsprechende Maßnahmen, wie im BSI-Grundschutz gelistet, den Stand der Technik darstellen und es diese ergreifen muss. Die Implementierung solcher Maßnahmen wäre für das Unternehmen auch mit einem angemessenen Aufwand möglich gewesen.

 

Empfehlungen für die Praxis

Die Entscheidung der Behörde zeigt, dass Unternehmen eine Reihe von technischen und organisatorischen Maßnahmen implementieren und umsetzen müssen, um die Vertraulichkeit und Integrität ihrer Systeme und Dienste dauerhaft zu gewährleisten. Dabei spielt unter anderem das Thema der Upload-Kontrolle eine Rolle. Nach Ansicht der Behörde ist eine Upload-Funktion eine bekannte Schwachstelle und muss entsprechend geschützt werden. Dass ein solcher Schutz zum Stand der Technik gehört, ergibt sich nach Ansicht der Behörde bereits aus der Auflistung entsprechender Maßnahmen im BSI-Grundschutz. Unternehmen sollten deshalb Best-Practice-Empfehlungen wie den BSI-Grundschutz bei der Auswahl von Sicherheitsmaßnahmen, die dem Stand der Technik entsprechen sollen, Beachtung schenken. Die Entscheidung zeigt, dass Behörden ein Verfehlen der Maßnahmen aus dem BSI-Grundschutz durchaus auch als eine Verletzung von Art. 25 und Art. 32 DSGVO im Hinblick auf den Stand der Technik ansehen können.

Rechtsanwalt, Senior Associate
Johannes Zwerschke, LL.M.
Rechtsanwalt, Senior Associate
Johannes Zwerschke, LL.M.

Zurück

News

Datenschutzbehörde Baden-Württemberg veröffentlicht umfassende FAQ zum Einsatz von Cookies und ähnlichen Technologien

Der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Baden-Württemberg (LfDI BaWÜ) hat am 4. März 2022 eine FAQ zu Cookies und Tracking durch Betreiber von Websites und Hersteller von Smartphone-Apps veröffentlicht.

Neue datenschutzrechtliche Vorgaben für Uber, Lieferando & Co?

Anmerkungen zum Entwurf der Richtlinie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit vom 9. Dezember 2021

The Legal 500 Deutschland: Dr. Carlo Piltz als führender Name im Praxisbereich Datenschutz

Wir freuen uns sehr, dass Dr. Carlo Piltz in der neuesten Ausgabe des Handbuchs Legal 500 Deutschland unter den führenden Namen im Bereich Datenschutz vertreten ist.

Belgische Aufsichtsbehörde verhängt Bußgeld gegen IAB Europe wegen Transparency and Consent Framework (TCF)

Die belgische Datenschutzaufsichtsbehörde (APD-GBA) hat heute am 2.2.2022 ein Bußgeld in Höhe von 250.000 Euro gegen IAB Europe (IAB) verhängt. Zudem ordnete die Behörde Maßnahmen an, die zu einer umfassenden Anpassung des Transparency and Consent Framework (TCF) führen sollen.

Hervorzuheben ist dabei, dass die APD-GBA davon ausgeht, dass IAB zusammen mit den Publishern u.a. im Hinblick auf die Einholung der Einwilligung als Joint Controller agiert. Grundsätzlich könnten daher die angenommenen Verstöße auch App- und Webseitenbetreibern zu Last gelegt werden, die aktuell das TCF nutzen.

 

EDSA veröffentlicht Leitlinien zum Auskunftsrecht nach Art. 15 DSGVO

Der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA), das Gremium der europäischen Datenschutzaufsichtsbehörden, hat in seiner Sitzung vom 18. Januar 2022 einen ersten Leitlinienentwurf zu einem der bedeutendsten Betroffenenrechte nach der DSGVO herausgegeben: dem Auskunftsrecht nach Art. 15.

Dieses Recht sorgt in der Praxis oft für Anwendungsunsicherheiten und lässt viel Raum für Interpretationen. Aus diesem Grund erschien es notwendig, dieses 60-seitige Dokument zu veröffentlichen, um für mehr Klarheit und Kohärenz zu sorgen. In dem Dokument widmet sich der EDSA einer Reihe von Themen, von denen einige in der Praxis äußerst umstritten sind.

Zusätzliche Schutzmaßnahmen für EU-Standardvertragsklauseln in der Praxis - Österreichische Datenschutzbehörde gibt eine erste Orientierung

Der Einsatz von Google Analytics steht nicht im Einklang mit der DSGVO. Zu diesem Schluss kam die österreichische Datenschutzbehörde (DSB) aufgrund einer Musterbeschwerde, die der Datenschutzverein "Noyb" (none of your business bzw. Europäisches Zentrum für digitale Rechte) eingereicht hatte. In ihrem Bescheid setzt sich die DSB (leider nicht vertieft) mit den zusätzlichen Schutzmaßnahmen von Google auseinander, die das Unternehmen für Datentransfers in die USA vorsieht. In diesem Beitrag finden Sie eine kurze Übersicht der technischen und organisatorischen Maßnahmen, die die österreichische DSB in ihrem Teilbescheid berücksichtigt, jedoch als ungenügend eingestuft hat.