News
Europäischer Datenschutzausschuss: neue (strenge) Leitlinien zum technischen Anwendungsbereich der "Cookie-Vorgaben" (§ 25 TTDSG)
Der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) hat am 15.11.2023 eine Leitlinie zum technischen Anwendungsbereich von Art. 5 (3) der Datenschutzrichtlinie für die elektronische Kommunikation veröffentlicht. Die Leitlinie soll klarstellen, welche Trackingtechnologien von der ePrivacy-Richtlinie (ePrivacyRL) konkret erfasst und damit grundsätzlich einwilligungsbedürftig sind. In Deutschland wurden die Anforderungen der ePrivacyRL in § 25 TTDSG umgesetzt.
Der EDSA legt dar, wann nach seiner Einschätzung ein „Zugriff auf“ oder „Speicherung von Informationen“ in einem Endgerät vorliegen. Zudem wird erläutert, was unter dem „Endgerät eines Nutzers“ zu verstehen ist. Hervorzuheben ist, dass der EDSA einige konkrete Aussagen zur Anwendbarkeit der ePrivacyRL auf gängige Trackingtechnologien (insbesondere nicht allein Cookies) trifft. Eine Besonderheit: der EDSA geht davon aus, dass Art. 5 Abs. 3 ePrivacyRL auf das Tracking via Link anwendbar sein soll.
Bisheriger Stand
Maßgeblich für die Auslegung des technischen Anwendungsbereich des § 25 TTDSG durch die Deutschen Aufsichtsbehörden war bislang die von der Datenschutzkonferenz (DSK) veröffentlichte Orientierungshilfe Telemedien 2021 (OH Telemedien 2021). In dieser wurde zum Beispiel der Zugriff auf das Endgerät als „gezielte und nicht durch die Endnutzer:innen veranlasste Übermittlung der Browser-Informationen“ ausgelegt und nur Informationen ausgenommen, die zwangsläufig oder aufgrund von (Browser-)Einstellungen des Endgerätes beim Aufruf eines Telemediendienstes übermittelt werde (wie z.B. die IP-Adresse, die abgerufene URL oder den User-Agent).
Zentrale Aussagen der Leitlinie des EDSA
Zur Anwendbarkeit der ePrivacyRL trifft der EDSA folgende zentrale Aussagen:
- Für die Anwendbarkeit kommt es nicht auf eine Verarbeitung personenbezogener Daten an; es reicht, wenn Daten von einem Endgerät ausgelesen oder abgerufen werden.
- Daten sind geschützt, egal von wem sie auf dem Endgerät abgelegt wurden, d.h. es sind z.B. auch Daten geschützt, die von Dritten in Form eines Cookies oder Pixels auf einem Endgerät abgelegt wurden.
- Die ePrivacyRL soll auch Endgeräte von juristischer Personen vor unberechtigten Zugriffen schützen.
- Es kommt nicht darauf an, dass der Nutzer Eigentümer des Endgeräts ist; es reicht, wenn er das Gerät ausgeliehen bekommen hat oder mit mehreren Personen gemeinsam nutzt.
- Ein Zugriff liegt immer vor, wenn aktiv Informationen von einem Endgerät abgerufen werden, z.B. durch Abruf mittels eines JavaScripts.
- In Bezug auf die Speicherung von Daten auf einem Endgerät, spielt es keine Rolle, wo und wie lange Daten auf dem Endgerät gespeichert werden. Bei jeder Form der Speicherung sind die Vorgaben der ePrivacyRL anwendbar.
Praxisbeispiele des EDSA
Besonders relevant ist die vom EDSA vorgenommene Einordnung konkreter Praxisbeispiele, die wir im folgenden überblicksartig dargestellt haben:
Fallbeispiel |
Anwendbarkeit ePrivacyRL? |
Speicherung von Daten durch den lokalen Browser |
Nicht anwendbar, solange die Daten nicht auch abgerufen werden. |
Tracking Pixel |
Anwendbar. |
Tracking Links |
Anwendbar, da zumindest Speicherung im Cache der clientseitigen Software. Das soll insbesondere auch für Affiliate-Links gelten. |
Tracking auf Basis der IP |
Ja, wenn die IP-Adresse vom Endgerät stammt, z.B. bei den vom Router eines Benutzers ausgehenden IPv4-Adressen und bei IPv6-Adressen. |
IoT (Internet of Things) |
Ja, wenn das IoT-Gerät direkt mit einem öffentlichen Netzwerk verbunden ist. Bei Anbindung über ein Smartphone schützt Art. 5 Abs. 3 ePrivacyRL den Zugriff auf das Smartphone. |
Unique Identifier |
Anwendbar. |
Besonders eine mögliche Anwendbarkeit im Kontext von Tracking Links könnte weitreichende Konsequenzen für viele Unternehmen haben. Im Affiliatemarketing werden diese Links in der Regel ohne Nutzereinwilligung eingesetzt, damit Unternehmen lückenlos, also für jeden weitergeleiteten Nutzer, vergütet werden.
Empfehlung
Der EDSA scheint die Anwendbarkeit der ePrivacyRL deutlich weiter zu fassen als die DSK. Der von der DSK herausgearbeitete Ausnahmefall wird beispielsweise an keiner Stelle der Leitlinie erwähnt. Wir empfehlen Ihnen daher dringend zu prüfen, ob die o.g. Use Cases für Ihr Unternehmen relevant sind und intern zu prüfen, ob diesbezüglich bereits die Vorgaben aus der ePrivacyRL bzw. dem TTDSG als Umsetzungsgesetz eingehalten werden.
Die Leitlinien sind aktuell im Entwurf veröffentlicht. Bis zum 28. Dezember 2023 können interessierte Kreise ihre Anmerkungen und ggfs. auch Kritik an den EDSA übersenden.
News
Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (Teil 4) – Folgen von Verstößen gegen das BFSG
Ab dem 29. Juni 2025 gelten die Vorgaben des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG). Um Sie rechtzeitig auf das BFSG vorzubereiten, befassen wir uns in unserer Beitragsreihe mit dessen Anforderungen. In Teil 1 haben wir uns einen kurzen Gesamtüberblick zum BFSG verschafft. In Teil 2 und Teil 3 haben wir uns angesehen, ob und welche Anforderungen aus dem BFSG für ihre Websites und Apps gelten. In Teil 4 befassen wir uns damit, was passiert, wenn ein Dienstleister, (z.B. der Anbieter eines Onlineshops) gegen die Vorgaben des BFSG verstößt und wie dieser sich gegen mögliche Rechtsfolgen wehren kann.
Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (Teil 3) – Was bedeutet Barrierefreiheit für meine Website oder App?
Nachdem wir uns in Teil 2 unserer Beitragsreihe zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) damit befasst haben für welche Apps und Websites das BFSG gilt, stellen wir Ihnen in Teil 3 vor, welche konkreten Anforderungen an die Barrierefreiheit gelten.
LG Nürnberg-Fürth: Zugangsdaten, Passwörter und Datenbank mit öffentlich verfügbaren Informationen als Geschäftsgeheimnisse
Im Bereich Geschäftsgeheimnisschutz ist es besonders relevant, dass Inhaber eines Geschäftsgeheimnisses diese mit angemessenen Maßnahmen geheim halten. Damit eine Information überhaupt ein Geschäftsgeheimnis i.S.v. § 2 Nr. 1 GeschGehG sein kann, dürfen die relevanten Informationen u.a. weder allgemein bekannt noch ohne Weiteres zugänglich sein. Das LG Nürnberg-Fürth hat am 27.12.2024 (Az. 19 O 556/24) entschieden, dass sowohl eine Datenbank mit öffentlich verfügbaren Daten als auch die Zugangsdaten und Passwörter für den Zugriff auf diese Datenbank als Geschäftsgeheimnisse gelten. Es wurde außerdem entschieden, dass dem Kläger ein Auskunftsanspruch aus § 8 Abs. 1 GeschGehG zustand und die dabei zur Mitteilung von Namen und Anschriften der an der Verletzung des Geschäftsgeheimnisses beteiligten Personen erforderliche Rechtsgrundlage aus der DSGVO vorlag.
Fachbeitrag: Berechtigte Interessen als Rechtsgrundlage für das Training von KI-Modellen
Alexander Weiss & Dr. Carlo Piltz haben im aktuellen Heft 12/2024 der Zeitschrift DATENSCHUTZ-BERATER die praxisrelevante Frage untersucht, ob und wann die Rechtsgrundlage des Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO (Interessenabwägung) für die Verwendung personenbezogener Daten zum Zweck des Trainings von KI-Modellen genutzt werden kann.
Prof. Piltz im Interview mit ICC Germany zu den Incoterms® 2020
Incoterms® bieten einen global gültigen Standard für die Lieferbedingungen bei internationalen Geschäften. Seit nunmehr 5 Jahren greifen die Incoterms® 2020, Zeit um einen Rückblick auf die erste Halbzeit zu werfen.
Dr. David Saive und Prof. Burghard Piltz haben sich hierzu zu einem Interview der ICC Germany getroffen. Hören Sie doch gerne rein: Interview: Fünf Jahre Incoterms® 2020 mit Prof. Piltz
Bundesverwaltungsgericht Österreich zum Cookie-Banner: Einfache Möglichkeit zum Ablehnen ist Pflicht
Das Österreichische Bundesverwaltungsgericht (BVwG) hat in einem Erkenntnis vom 31. Juli 2024 (Az. W108 2284491-1/15E) klargestellt, dass ein Cookie-Banner neben der Option Cookies und andere Technologien zu „akzeptieren“ auch eine optisch gleichwertige Option zum Ablehnen enthalten muss. Die Entscheidung ist aus mehreren Gründen bemerkenswert.