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Erste Schritte zur Umsetzung der Barrierefreiheit auf Websites
In etwa einem Monat gelten die Anforderungen des Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) für viele Websites. Ab dem 29. Juni 2025 müssen die meisten Websites (und übrigens auch Apps) nicht nur barrierefrei sein, sondern auch eine Erklärung zur Barrierefreiheit enthalten.
In diesem Beitrag möchten wir Ihnen aufzeigen, welche Schritte Sie jetzt ergreifen können, um die Anforderungen des BFSG kurzfristig umzusetzen.
Geltung des BFSG
Als ersten Schritt sollten Sie prüfen, ob das BFSG für Ihre Website gilt.
Das BFSG gilt für alle Dienstleistungen, die nach dem 28. Juni 2025 in den Verkehr gebracht werden (§ 1 Abs. 2 BFSG). Dazu zählen insbesondere auch Dienstleistungen, die im elektronischen Geschäftsverkehr erbracht werden (§ 1 Abs. 3 Nr. 5 BFSG). Umfasst davon sind alle Dienste, die auf Websites und über Anwendungen auf Mobilgeräten (Apps) im Hinblick auf den Abschluss eines Verbrauchervertrages angeboten werden (§ 2 Nr. 26 BFSG). Jede Website, die Verbrauchern den Abschluss eines Vertrages ermöglicht, muss daher die Anforderungen des BFSG einhalten. Dazu zählen:
- Online-Shops,
- Marktplätze oder
- Websites über die Nutzer Dienstleistungsverträge vereinbaren können, z.B. die Seite eines Fitnessstudios.
Auch wenn der direkte Vertragsabschluss nicht über die Website möglich ist und erst später erfolgt, können die Vorgaben des BFSG gelten. Zumindest, wenn die Website die Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen ermöglicht, wie die Bereitstellung eines Anmeldeformulars.
Das BFSG gilt in diesen Fällen aber nicht für die ganze Website, sondern nur die Teile, die im Zusammenhang mit dem Abschluss von Verbraucherverträgen stehen.
Anwendbarkeit der Übergangsbestimmungen
Ist das BFSG grundsätzlich anwendbar, kann eine Umsetzung unter Umständen erst später erfolgen, wenn die Übergangsbestimmungen des BFSG greifen (§ 38 BFSG). Danach müssen bestimmte Produkte und Dienstleistungen erst nach dem 27. Juni 2030 barrierefrei zugänglich sein.
Betreiber von Websites profitieren in der Regel allerdings nicht von den Übergangsbestimmungen. Die Übergangsvorschriften gelten nur, wenn die Dienstleistung im Rahmen eines vor dem 28. Juni 2025 geschlossene Vertrages erbracht wird. Da die relevante Dienstleistung im vorliegenden Kontext die Bereitstellung der Website ist, fehlt es für die Anwendbarkeit der Übergangsbestimmungen an einem Vertrag mit den Nutzern. Selbst wenn mit bestehendem Nutzer ein Vertrag geschlossen wurde (z.B. über ein Kundenkonto), gelten die Vorgaben des BFSG, wenn die Website oder App auch neuen Nutzern bereitgestellt wird.
Ausnahme für Kleinstunternehmen
Kleinstunternehmer müssen das BFSG nur in begrenztem Umfang umsetzen und ihre Dienste z.B. nicht barrierefrei gestalten (§ 3 Abs. 3 BFSG). Ein Unternehmen fällt unter die Ausnahme, wenn es weniger als zehn Personen beschäftigt und einen Jahresumsatz von unter 2 Millionen Euro oder Jahresbilanzsumme von höchstens 2 Millionen Euro erzielt.
Umsetzung des BFSG
Jede andere Website, über die Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr angeboten werden, muss bis zum 29. Juni 2025 barrierefrei sein (§ 3 Abs. 1 BFSG) und eine Barrierefreiheitserklärung enthalten (§ 14 BFSG).
Erste Prüfung der Website oder App
Bevor Maßnahmen zur Umsetzung der Barrierefreiheit ergriffen werden, sollte eine erste Prüfung zum Stand der Barrierefreiheit auf der Website erfolgen, um den konkreten Handlungsbedarf zu ermitteln. Relevant ist unter anderem Folgendes:
- Lässt sich die Website allein mit der Tastatur bedienen?
- Gibt es ausreichende Farbkontraste von mindestens 3:1 für großen Text und 4,5:1 für kleinen Text? Für die Prüfung eignet sich z.B. der WebAIM Contrast Checker.
- Ist die Website uneingeschränkt mit Technologien nutzbar, die Menschen mit einer Behinderung z.B. das Auslesen von Inhalten ermöglichen? Sie können dafür Tools aus Ihrem Browser (z.B. Chrome) nutzen oder Ihre Website kostenlos mit Hilfe des Web Accessibility Evaluation Tools überprüfen).
Verordnung zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz
Zeigt sich bereits bei der ersten Prüfung, dass bei der Barrierefreiheit Lücken bestehen, ist eine vertiefte Auseinandersetzung mit den Anforderungen der Verordnung zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSGV) zwingend erforderlich.
Die Verordnung zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz bestimmt, wie die Barrierefreiheit auf Website umgesetzt werden muss.
Die Umsetzung der Anforderungen der BFSGV zur Barrierefreiheit kann alternativ auch durch die Umsetzung der Europäischen Norm zur Barrierefreiheit EN 301 549 und den Web Content Accessibility Guideline (Version 2.1) nachgewiesen werden (§ 4 BFSG).
Unverhältnismäßige Belastung
Soweit die Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen bis zum 29. Juni 2025 aktuell nicht mehr realistisch ist, bleibt Websitebetreibern die Möglichkeit, sich auf eine weitere gesetzliche Ausnahmevorschrift zu berufen.
Die Vorgaben der BFSGV an die Barrierefreiheit gelten ausnahmsweise nicht, wenn deren Umsetzung eine unverhältnismäßige Belastung darstellen würde (§ 17 BFSG).
Ob die Voraussetzungen der Vorschrift erfüllt sind, muss anhand des Einzelfalls überprüft werden. Die Ausnahme gilt außerdem nur in Bezug auf die barrierefreie Ausgestaltung der Website. Eine Barrierefreiheitserklärung muss trotzdem bereitgestellt werden.
Erstellung der Barrierefreiheitserklärung
Die Barrierefreiheitserklärung muss grundlegende Angaben zur Barrierefreiheit (§ 14 BFSG) enthalten. Dazu gehören nach Anlage 3 des BFSG die folgenden Informationen:
- eine allgemeine Beschreibung der Dienstleistung (barrierefrei);
- Beschreibungen und Erläuterungen, die zum Verständnis der Durchführung der Dienstleistung erforderlich sind;
- eine Beschreibung, wie die Barrierefreiheitsanforderungen erfüllt werden (anders als bei Behörden, die nur negativ informieren müssen);
- die Angabe der zuständigen Marktüberwachungsbehörde.
Bis zum 29. Juni 2025 sollten Sie daher diese Angaben in Ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder in einer eigenen Barrierefreiheitserklärung bereitstellen.
Unser Angebot und Veranstaltungshinweis
Wenn Sie
- sich nicht sicher sind, ob und in welchem Umfang Sie die Barrierefreiheit auf Ihrer Website umsetzen müssen,
- Unterstützung bei der Erstellung der Barrierefreiheitserklärung benötigen oder
- sich auf eine der Ausnahmevorschriften berufen wollen,
unterstützen wir Sie auf Anfrage gerne.
Wenn Sie mehr auf die konkreten Anforderungen des BFSG und deren Umsetzung erfahren wollen, empfehlen wir Ihnen die Teilnahme an unserem kostenlosen Webinar zum BFSG am 27. Mai 2025 von 11 bis 12 Uhr. Im Webinar werden wir uns vertieft mit den Anforderungen des BFSG befassen und unter anderem die folgenden Themen erörtern:
- Ziele des BFSG
- Gesetzliche Pflichten für Anbieter von Websites und Apps
- Umsetzung der Barrierefreiheit
- Erstellung einer Barrierefreiheitserklärung
- Folgen von Verstößen
- Ausnahmevorschriften
Eine Anmeldung ist jederzeit über eine E-Mail an Events@piltz.legal möglich.
News
Neue Vorgaben zur Barrierefreiheit auf Websites und in Apps: Ein Überblick zu den Vorschriften des BFSG
Philip Schweers hat in der aktuellen Ausgabe 09/2025 des "Betriebs-Beraters" die nach dem 28. Juni 2025 geltenden Anforderungen des Barrierefreiheitsstärkungsgesetz für Websites und Apps zusammengefasst.
Der Beitrag beschreibt ausführlich für welche Websites und Apps das BFSG gilt, welche Anforderungen bei dessen Umsetzung beachtet werden müssen und welche Konsequenzen bei Verstößen drohen.
Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (Teil 4) – Folgen von Verstößen gegen das BFSG
Ab dem 29. Juni 2025 gelten die Vorgaben des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG). Um Sie rechtzeitig auf das BFSG vorzubereiten, befassen wir uns in unserer Beitragsreihe mit dessen Anforderungen. In Teil 1 haben wir uns einen kurzen Gesamtüberblick zum BFSG verschafft. In Teil 2 und Teil 3 haben wir uns angesehen, ob und welche Anforderungen aus dem BFSG für ihre Websites und Apps gelten. In Teil 4 befassen wir uns damit, was passiert, wenn ein Dienstleister, (z.B. der Anbieter eines Onlineshops) gegen die Vorgaben des BFSG verstößt und wie dieser sich gegen mögliche Rechtsfolgen wehren kann.
Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (Teil 3) – Was bedeutet Barrierefreiheit für meine Website oder App?
Nachdem wir uns in Teil 2 unserer Beitragsreihe zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) damit befasst haben für welche Apps und Websites das BFSG gilt, stellen wir Ihnen in Teil 3 vor, welche konkreten Anforderungen an die Barrierefreiheit gelten.
LG Nürnberg-Fürth: Zugangsdaten, Passwörter und Datenbank mit öffentlich verfügbaren Informationen als Geschäftsgeheimnisse
Im Bereich Geschäftsgeheimnisschutz ist es besonders relevant, dass Inhaber eines Geschäftsgeheimnisses diese mit angemessenen Maßnahmen geheim halten. Damit eine Information überhaupt ein Geschäftsgeheimnis i.S.v. § 2 Nr. 1 GeschGehG sein kann, dürfen die relevanten Informationen u.a. weder allgemein bekannt noch ohne Weiteres zugänglich sein. Das LG Nürnberg-Fürth hat am 27.12.2024 (Az. 19 O 556/24) entschieden, dass sowohl eine Datenbank mit öffentlich verfügbaren Daten als auch die Zugangsdaten und Passwörter für den Zugriff auf diese Datenbank als Geschäftsgeheimnisse gelten. Es wurde außerdem entschieden, dass dem Kläger ein Auskunftsanspruch aus § 8 Abs. 1 GeschGehG zustand und die dabei zur Mitteilung von Namen und Anschriften der an der Verletzung des Geschäftsgeheimnisses beteiligten Personen erforderliche Rechtsgrundlage aus der DSGVO vorlag.
Fachbeitrag: Berechtigte Interessen als Rechtsgrundlage für das Training von KI-Modellen
Alexander Weiss & Dr. Carlo Piltz haben im aktuellen Heft 12/2024 der Zeitschrift DATENSCHUTZ-BERATER die praxisrelevante Frage untersucht, ob und wann die Rechtsgrundlage des Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO (Interessenabwägung) für die Verwendung personenbezogener Daten zum Zweck des Trainings von KI-Modellen genutzt werden kann.
Prof. Piltz im Interview mit ICC Germany zu den Incoterms® 2020
Incoterms® bieten einen global gültigen Standard für die Lieferbedingungen bei internationalen Geschäften. Seit nunmehr 5 Jahren greifen die Incoterms® 2020, Zeit um einen Rückblick auf die erste Halbzeit zu werfen.
Dr. David Saive und Prof. Burghard Piltz haben sich hierzu zu einem Interview der ICC Germany getroffen. Hören Sie doch gerne rein: Interview: Fünf Jahre Incoterms® 2020 mit Prof. Piltz