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Datenschutzbehörde Baden-Württemberg veröffentlicht umfassende FAQ zum Einsatz von Cookies und ähnlichen Technologien
Der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Baden-Württemberg (LfDI BaWü) hat am 4. März 2022 eine FAQ zu Cookies und Tracking durch Betreiber von Websites und Hersteller von Smartphone-Apps veröffentlicht. Die FAQ soll die im Dezember 2021 von der Datenschutzkonferenz (DSK) veröffentlichte Orientierungshilfe der Aufsichtsbehörden für die Anbieter:innen von Telemedien (OH Telemedien 2021) „praxisorientiert ergänzen.“ Anders als die OH Telemedien 2021 scheint der Fokus des FAQ tatsächlich nicht auf der juristischen Herleitung von datenschutzrechtlichen Anforderungen zu liegen, sondern darauf, diese Anforderungen möglichst konkret zu benennen. Die FAQ enthält zu diesem Zweck u.a. eine 16-seitige (!) Auflistung von Negativbeispielen, die auf eine sehr strenge Auslegung der Anforderungen des TTDSG und der DSGVO durch den LfDI BaWü hindeutet. Zugleich zeigt der LfDI BaWü unter welchen Bedingungen Reichweitenmessung oder Server-seitiges Tracking ohne Einholung einer Einwilligung möglich sein kann.
Wir haben uns das Dokument im Detail angesehen und im Folgenden versucht, die wichtigsten Aussagen möglichst knapp zusammenzufassen:
1. Vom Anwendungsbereich des TTDSG erfasste Technologien (Seite 7)
Die FAQ stellt eingangs klar, dass die Vorgaben des TTDSG neben dem Einsatz von Cookies auch für Technologien wie „LocalStorage, Web Storage, das Auslesen von Werbe- und Geräte-IDs, Seriennummern, aber auch der Einsatz von ETags oder TLS-Session-IDs zum Zwecke des Trackings, Fingerprinting (z.B. durch das Auslesen von installierten Schriften oder Anwendungen)“ gelten sollen. Wenn im Folgenden von Cookies die Rede ist, sind daher die genannten Technologien mitgemeint, auch wenn es sich nicht um Cookies handelt.
2. Anwendungsbeispiele für erforderliche Cookies (Seite 7 – 9)
Anders als die OH Telemedien nennt das FAQ einige Beispielsfälle, in denen in der Regel keine Einwilligung für den Einsatz von Cookies eingeholt werden muss. Genannt werden z.B. Cookies zur Sitzungsverwaltung (Login- oder Warenkorb-Cookies) und Speicherung von Spracheinstellungen. Bemerkenswert ist hier, dass der Einsatz von Cookies zu Sicherheitszwecken nur in Ausnahmefällen gestattet sein soll und nur „bei gesonderten Nutzer_innen-Interaktionen“ (z.B. bei Durchführung von Abstimmungen). Ferner soll auch die Speicherung des Einwilligungsstatus nur mit der Angabe des Einwilligungsstatus / der konkreten Konfiguration (ja/nein) und ohne Festlegung einer eindeutigen ID ohne Einwilligung zulässig sein.
Der LfDI BaWü weist ferner darauf hin, dass für erforderliche Cookies auch keine Einwilligung eingeholt werden darf. Wenn eine Einwilligung eingeholt wird, soll dies sogar einen Verstoß gegen die DSGVO-Grundsätze von Treu und Glauben sowie der Transparenz darstellen.
3. Einbindung von externen (Medien-) Inhalten (Seite 9 – 13)
Die Einbindung von externen Inhalten ist nach Ansicht des LfDI ohne Einholung einer Einwilligung in der Regel nur dann möglich, wenn besondere Maßnahmen getroffen wurden, die einen Zugriff auf Daten durch Dritte verhindern. Hintergrund dessen ist, dass durch die (direkte) Einbindung der externen Elemente unmittelbar und automatisch Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Entsprechend zielen die vom LfDI BaWü vorgeschlagenen Maßnahmen auch darauf ab, dass eine solche Datenübermittlung (im besten Fall) vollständig unterbleibt und Inhalte möglichst lokal eingebunden werden (z.B. Bereitstellung von Google Fonts über den eigenen Webserver).
Die FAQ bietet hier eine gute Zusammenfassung dazu, wie Kartendienste, Videoinhalte, Socia-Media-Buttons und Inhalte aus sozialen Netzwerken datenschutzkonform eingebunden werden können. Die von der Behörde vorgeschlagenen Lösungen scheinen, zumindest auf den ersten Blick, praktisch und mit überschaubarem Aufwand umsetzbar zu sein.
4. Reichweitenanalyse (Seite 13 – 16)
Bereits in der OH Telemedien war davon die Rede, dass § 25 TTDSG nicht für zwangsläufig übermittelte Daten gelten soll. Nach dem LfDI BaWü können zwangsläufig übermittelte Daten, wie die IP-Adresse oder Informationen zum verwendeten Browser, auch nach Vorgaben der DSGVO ohne Einwilligung zur Durchführung von Reichweitenanalysen verwendet werden. Mit Reichweitenanalyse soll dabei die Verarbeitung der erhobenen Daten für die Erstellung von nicht-personenbeziehbaren Statistiken gemeint sein. Die Verarbeitung soll ohne Einholung einer Einwilligung bei Vorliegen der folgenden Voraussetzungen unter Berufung auf berechtigte Interessen nach Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO zulässig sein:
- Die Verarbeitung beschränkt sich auf automatisiert übermittelte Daten;
- die Reichweitenanalyse erfolgt mittels lokaler Logfile-Analyse;
- es wird auf Dienste externer Dritter verzichtet;
- es werden möglichst wenig personenbezogene Daten verarbeitet;
- es erfolgt kein Zusammenführen von Nutzungsdaten, z.B. mit Daten von anderen Anbietern oder über mehrere Geräte hinaus;
- die Daten werden nicht zur Wiedererkennung der Nutzer für andere Zwecke verwendet.
Eine ähnliche Ansicht vertritt auch bislang die französische Aufsichtsbehörde (CNIL) in ihren Empfehlungen.
5. Serverseitiges Tracking – Seite 16 – 17
Auch ein serverseitiges Tracking kann nach Ansicht des LfDI BaWü unter Umständen ohne Einholung einer Einwilligung erfolgen.
6. Anforderungen an Einwilligungs-Banner - Seite 18 - 21
Hinsichtlich der allgemeinen Anforderungen an den Einwilligungs-Banner bezieht sich der LfDI BaWü in weiten Teilen auf die OH Telemedien, deren Anforderungen wir bereits hier im Blog zusammengefasst hatten.
Besonders wichtig scheint der Aufsichtsbehörde zu sein, dass bei Einholung der Einwilligung die Verarbeitungszwecke transparent beschrieben werden. Es soll vor allem nicht ausreichen, nur das Ergebnis der Verarbeitung zu nennen. Vielmehr müsse der Inhalt der eigentlichen Datenverarbeitung wiedergegeben werden. Demnach reiche es nicht aus, allein von der „Anzeige von Werbung“ als Zweck zu sprechen. Stattdessen müsse auch der Inhalt der Verarbeitung klarwerden, also z.B. die Nachverfolgung und Überwachung der Internet-Nutzung. Zudem sei der Verantwortliche in der Pflicht im Banner auch über die Verarbeitung seiner Partnerunternehmen zu informieren. Aus den Negativbeispielen geht hervor (S. 24, Negativbeispiel 1.3.3.2.), dass es nicht ausreicht, dazu lediglich auf die Datenschutzerklärung eines Partnerunternehmens zu verlinken. Die Information im Banner soll vor allem die folgenden Fragen beantworten können:
- Welche personenbezogenen Daten sind betroffen?
- Was passiert mit ihnen?
- Wer erhält Zugriff auf die Daten?
- Werden die personenbezogenen Daten mit weiteren Daten verknüpft?
- Welchen Zwecken dient das?
7. Kein pauschaler Verweis auf das TCF – Seite 22
Das FAQ bezieht sich hinsichtlich einer möglichen Rechtswidrigkeit des Transparency Consent Framework (TCF) ausdrücklich auf die Entscheidung der belgischen Aufsichtsbehörde (mehr dazu hier). Zudem betont der LfDI BaWü, dass es auch bei Verwendung von Datenschutzstandards wie dem TCF darauf ankomme, ob diese Standards rechtskonform implementiert wurden.
8. Negativbeispiele – Seite 23 - 39
Wie bereits erwähnt, wurde von der Aufsichtsbehörde eine beeindruckende Liste von Negativbeispielen zusammengestellt, die wohl einen Großteil der Banner erfassen sollte, die aktuell eingesetzt werden. Mögliche Fehler werden zunächst aufgezählt und anschließend potenzielle Verstöße mit Hilfe von acht fehlerhaften Einwilligungsabfragen illustriert.
Zwar wurde auf ein Positivbeispiel verzichtet, die im Kontext der Negativbeispiele formulierten Anforderungen sind aber so konkret formuliert, dass hinreichend deutlich wird, welche konkreten Anforderungen an den Einsatz von Cookies und die Einholung der Einwilligung bestehen sollen.
So kann man aus Negativbeispielen unter anderem ableiten, dass der Websitebetreiber über alle verwendeten Techniken (Ziffer 1.3.5.6.) informieren muss und dass es für die Rechtfertigung der Drittlandsübermittlung nicht ausreicht, eine Einwilligung einzuholen (Ziffer 5.1.1.3, Beispiel 7).
Handlungsempfehlung und Zusammenfassung
Websitebetreibern innerhalb der Zuständigkeit des LfDI BaWü empfehlen wir daher auch dringend, den eigenen Banner bzw. das eigene CMP mit der Negativliste abzugleichen. Ein Großteil der derzeit im Einsatz befindlichen Einwilligungsbanner wird aller Voraussicht nach nicht den (strengen) Vorgaben der Behörde entsprechen.
Keineswegs sichergestellt ist allerdings, ob sich andere Behörden den Ansichten des LfDI BaWü anschließen werden. Ebenfalls nicht sicher ist, ob der LfDI BaWü dem FAQ auch Maßnahmen folgen lässt. Bislang haben sich die deutschen Aufsichtsbehörden noch zurückgehalten, was den Erlass von Anordnungen und Bußgeldern aufgrund des rechtswidrigen Einsatzes von Cookies betrifft. Zumindest einer der Gründe dafür könnte sein, dass den Behörden im Hinblick auf mögliche Verstöße gegen das TTDSG die Zuständigkeit gefehlt hat.
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Tracking und Auswertung von Leistungsdaten im Profisport
Die Datenerfassung im Leistungssport hat sich zu einem unverzichtbaren Instrument für moderne Sportorganisationen entwickelt. Vereine, Verbände und Unternehmen nutzen umfangreiche Datenanalysen zur Leistungsoptimierung und strategischen Entscheidungsfindung. Hierbei werden im Allgemeinen Leistungsdaten, aber mitunter auch sensible Gesundheitsdaten verarbeitet. Verantwortliche müssen die Anforderungen der DSGVO beachten und Rechtsgrundlagen für die Datennutzung nachweisen können. Dieser Beitrag beleuchtet, vor welchen rechtlichen Herausforderungen Vereine bei der Auswertung von Leistungs- und Gesundheitsdaten von Sportlern stehen und auf welche Rechtsgrundlagen sie diese Verarbeitung stützen können.
Der Beitrag von Dr. Carlo Piltz und Ilia Kukin aus dem DSB 10/2025 ist hier abrufbar.
Neue Entwicklungen im UN-Kaufrecht
Die zentrale Stellung des UN-Kaufrechts/CISG als juristische Basis für Export- und Importverträge wird heute nicht mehr infrage gestellt. Praktiker berichten von einer deutlichen Tendenz in den Unternehmen, ihre Außenhandelsgeschäfte gezielt auf das UN-Kaufrecht umzustellen. Ein Ausschluss des UN-Kaufrechts erklärt sich heute überwiegend mit mangelnder Vertrautheit mit seinen Inhalten und fehlender Neigung, diesem Zustand abzuhelfen, lässt sich angesichts der weitreichenden Dispositivität seiner Bestimmungen jedoch kaum mit nicht akzeptablen Lösungen des UN-Kaufrechts belegen. In Fortführung des Gliederungsschemas der vorangegangenen Berichtsaufsätze (zuletzt NJW 2023, ) wird die Liste der Vertragsstaaten aktualisiert und neben Hinweisen auf aktuelle Arbeitsmittel insbesondere die seit dem letzten Berichtsaufsatz bekannt gewordene in- und ausländische Rechtsprechung zum UN-Kaufrecht/CISG aufgearbeitet. 2542
EuGH-Urteil zum Personenbezug und Informationspflichten – pseudonymisierte Daten können für den Empfänger auch anonym sein
Das EuGH-Urteil in der Rechtssache EDSB vs. SRB (Rs. C‑413/23 P) und dessen Folgen für die Rechtsanwendung werden derzeit zu Recht kontrovers diskutiert. In dem Urteil geht es zwar um Bestimmungen aus der Verordnung 2018/1725, die für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union gilt. Der EuGH hat aber ausdrücklich entschieden, dass der Begriff „personenbezogene Daten“ in dieser Verordnung und der DSGVO und der nicht mehr gültigen Richtlinie 95/46 EG identisch auszulegen ist (Rn. 52). Das Urteil ist für Unternehmen und mitgliedstaatliche Behörden gleichermaßen bedeutsam.
Rechtswidrigkeit von (Gebühren) Bescheiden wegen DSGVO-Verstoß - Dürfen öffentliche Stellen ihre Verfahren automatisieren?
Automatisierte Entscheidungen unterliegen gem. Art. 22 DSGVO besonderen gesetzlichen Anforderungen, welche auch im Bereich der öffentlichen Verwaltung gelten. Zentrale Voraussetzung für die Zulässigkeit solcher Entscheidungen ist das Vorliegen einer entsprechenden Rechtsgrundlage. Fehlt diese, ist der Bescheid rechtswidrig. Wie die Verwaltungsgerichte damit umgehen, zeigt eine aktuelle Entscheidung des VG Bremen (Urt. v. 14.07.2025, 2 K 763/23).
Dürfen Datenschutzbehörden die Namen der sanktionierten Unternehmen veröffentlichen?
Sowohl die BfDI als auch die Landesdatenschutzbehörden informieren regelmäßig in Pressemitteilungen über aktuelle Bußgeldverfahren. Mitunter werden dabei auch die betroffenen Unternehmen namentlich genannt. Doch ist dieses Vorgehen überhaupt rechtlich zulässig und welche Grenzen haben die Behörden dabei einzuhalten? In anderen Rechtsgebieten existiert zu diesen Fragen durch umfangreiche Rechtsprechung - allerdings bislang nicht speziell im Bereich des Datenschutzrechts.
Geschäftsgeheimnisse und Auskunftsansprüche nach Art. 15 DSGVO: Spannungsfeld und Praxisfragen
Unternehmen sehen sich häufig mit Auskunftsanfragen betroffener Personen konfrontiert, deren Beantwortung auch Geschäftsgeheimnisse betreffen kann. Dies gilt etwa in Fällen, in denen Unternehmen Informationen zu algorithmischen Entscheidungsprozessen gem. Art. 15 Abs. 1 lit. h DSGVO offenlegen müssen. Aber auch klassische Geschäftsgeheimnisse wie interne Dokumentationen, etwa Kundenlisten oder Produktspezifikationen, können von der Auskunftspflicht nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO betroffen sein.