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Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (Teil 1) – Neue Pflichten für Unternehmen ab Juni 2025
Bestimmte Produkte und Dienstleistungen müssen nach dem 28. Juni 2025 barrierefrei zugänglich sein. Dies sieht das bereits im Juli 2021 veröffentlichte Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) vor. Konkret betrifft das BFSG vor allem auch die Gestaltung von Websites und Apps. Um Sie angemessen auf die Anforderungen des BFSG vorzubereiten, haben wir einen kurzen Überblick zu den wichtigsten Informationen.
1. Welchem Zweck dient das BFSG?
Das BFSG setzt die Anforderungen des European Accessibility Act (EAA - Richtlinie (EU) 2019/882) in Deutschland um. Der EAA soll gleichwertige Standards zur Barrierefreiheit schaffen. Menschen mit einer Behinderung soll auf diese Weise der Zugang zu digitalen Angeboten erleichtert werden.
2. Wen genau treffen die Pflichten des BFSG?
Das BFSG verpflichtet:
- Hersteller von Produkten,
- Bevollmächtigte von Herstellern,
- Einführer von Produkten in den Unionsmarkt,
- Händler und
- Dienstleistungserbringer.
Als Händler gilt jeder Teil der Lieferkette, der daran beteiligt ist ein Produkt auf dem Unionsmarkt bereitzustellen. Dienstleistungsbringer wiederum sind nur erfasst, insoweit sie ihre Leistungen Verbrauchern anbieten.
3. Für welche Produkte gilt das BFSG?
Das BFSG gilt nur für Produkte, die ausdrücklich im Gesetz genannt sind. Ab dem 28. Juni 2025 gelten für die Herstellung und den Vertrieb der folgenden Produkte besondere Pflichten:
- Für Verbraucher bestimmte Computer, Tablets, Notebooks, Spielekonsolen, Fernseher und Mobiltelefone (einschließlich des mitgelieferten Betriebssystems);
- Geldautomaten, Fahrausweisautomaten, Check-in-Automaten, Informationsterminals;
- E-Book-Reader.
4. Für welche Dienstleistungen gilt das BFSG?
Wir gehen aktuell davon aus, dass bei einem Großteil kommerzieller Websites und Apps die Anforderungen des BFSG zumindest teilweise eingehalten werden müssen. In Bezug auf digitale Dienstleistungen wurde der Anwendungsbereich des BFSG sehr weit gefasst:
- An Verbraucher gerichtete Online-Shops;
- Sonstigen Dienstleistungen, die über Websites oder Apps im Zusammenhang mit Verbraucherverträgen erbracht werden (z.B. Buchung von Dienstleistungen, Marktplätze, Vermittlungsdienste);
- Telekommunikationsdienste
- E-Books (einschließlich Software);
- Bankdienstleistungen;
- Dienstleistungen Zusammenhang mit der Beförderung von Personen.
Das BFSG kann in Bezug auf Dienstleistungen teilweise Anwendung finden. Bei einer Website kann es z.B. erforderlich sein den integrierten Shop barrierefrei zu halten, während keine Vorgaben für die Unterseiten gelten, die sich an B2B-Kunden richten.
5. Welche Pflichten kommen auf betroffene Unternehmen zu?
Das BFSG verpflichtet Unternehmen ihre Angebote und Produkte ausschließlich barrierefrei anzubieten (siehe Frage 6).
Hinzu kommen abhängig von der Rolle des Unternehmens weitere Pflichten. Hersteller von Produkten sind beispielsweise verpflichtet, ein Konformitätsbewertungsverfahren durchführen, eine EU-Konformitätserklärung auszustellen und eine CE-Kennzeichnung am Produkt anzubringen. Händler dürfen Produkte nur einführen, wenn der Hersteller den voranstehenden Pflichten nachgekommen ist. Dienstleister müssen in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder auf andere deutlich wahrnehmbare Weise beschreiben, wie sie die Barrierefreiheitsanforderungen erfüllen.
Alle Unternehmen sind den zuständigen Marktüberwachungsbehörden auf Anfrage zur Auskunft verpflichtet und müssen darüber hinaus aktiv darauf hinweisen, wenn Vorgaben des BFSG nicht eingehalten werden.
6. Wann genau ist ein Produkt oder eine Dienstleistung barrierefrei?
Das hängt vom jeweiligen Produkt oder der jeweiligen Dienstleistung ab. Für jede Produkt- und Dienstleistungskategorie gelten jeweils besondere Anforderungen. Diese stehen in der Verordnung zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSGV). Teilweise sind die dort festgelegten Regelungen sehr konkret: So müssen etwa Selbstbedienungsterminal die Nutzung von Kopfhörern ermöglichen. Teilweise sind die Anforderungen in der BFSGV aber auch sehr abstrakt. In Bezug auf Dienstleistungen wird z.B. vorgegeben, dass in Dienstleistungen enthaltene „Identifizierungs-, Authentifizierungs-, Sicherheits- und Zahlungsfunktionen […] wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust gestaltet werden.“
Um diese teils sehr abstrakten Vorgaben zu konkretisieren, verweist die BFSGV auf Standards, die in Zukunft durch die Bundesfachstelle für Barrierefreiheit auf ihrer Website veröffentlicht werden sollen.
7. Gibt es Ausnahmen?
Kleinstunternehmen sind teilweise von den Pflichten des BFSG ausgenommen. Die Ausnahme gilt jedoch nur für Unternehmen, die weniger als zehn Personen beschäftigen und maximal einen Jahresumsatz von höchstens 2 Millionen Euro erzielen.
Das BFSG findet weiter keine Anwendung, wenn die Einhaltung der Vorgaben eine wesentliche Änderung des Produkts oder der Dienstleistung erfordert, die zu einer grundlegenden Veränderung der Wesensmerkmale des Produkts oder der Dienstleistung führt.
Eine vollständige Umsetzung der Barrierefreiheitsanforderungen ist außerdem nicht erforderlich, wenn diese für das jeweilige Unternehmen eine unverhältnismäßige Belastung darstellen würde, was sich unter anderem nach dem Umsatz des Unternehmens, den Kosten der Maßnahme und dem geschätzten Nutzen für Menschen mit Behinderungen richtet.
In Teil 2 unserer Beitragsreihe zum BFSG zeigen wir anhand einer Website, wann und in welchem Umfang Maßnahmen nach dem BFSG getroffen werden müssen.
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Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (Teil 4) – Folgen von Verstößen gegen das BFSG
Ab dem 29. Juni 2025 gelten die Vorgaben des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG). Um Sie rechtzeitig auf das BFSG vorzubereiten, befassen wir uns in unserer Beitragsreihe mit dessen Anforderungen. In Teil 1 haben wir uns einen kurzen Gesamtüberblick zum BFSG verschafft. In Teil 2 und Teil 3 haben wir uns angesehen, ob und welche Anforderungen aus dem BFSG für ihre Websites und Apps gelten. In Teil 4 befassen wir uns damit, was passiert, wenn ein Dienstleister, (z.B. der Anbieter eines Onlineshops) gegen die Vorgaben des BFSG verstößt und wie dieser sich gegen mögliche Rechtsfolgen wehren kann.
Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (Teil 3) – Was bedeutet Barrierefreiheit für meine Website oder App?
Nachdem wir uns in Teil 2 unserer Beitragsreihe zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) damit befasst haben für welche Apps und Websites das BFSG gilt, stellen wir Ihnen in Teil 3 vor, welche konkreten Anforderungen an die Barrierefreiheit gelten.
LG Nürnberg-Fürth: Zugangsdaten, Passwörter und Datenbank mit öffentlich verfügbaren Informationen als Geschäftsgeheimnisse
Im Bereich Geschäftsgeheimnisschutz ist es besonders relevant, dass Inhaber eines Geschäftsgeheimnisses diese mit angemessenen Maßnahmen geheim halten. Damit eine Information überhaupt ein Geschäftsgeheimnis i.S.v. § 2 Nr. 1 GeschGehG sein kann, dürfen die relevanten Informationen u.a. weder allgemein bekannt noch ohne Weiteres zugänglich sein. Das LG Nürnberg-Fürth hat am 27.12.2024 (Az. 19 O 556/24) entschieden, dass sowohl eine Datenbank mit öffentlich verfügbaren Daten als auch die Zugangsdaten und Passwörter für den Zugriff auf diese Datenbank als Geschäftsgeheimnisse gelten. Es wurde außerdem entschieden, dass dem Kläger ein Auskunftsanspruch aus § 8 Abs. 1 GeschGehG zustand und die dabei zur Mitteilung von Namen und Anschriften der an der Verletzung des Geschäftsgeheimnisses beteiligten Personen erforderliche Rechtsgrundlage aus der DSGVO vorlag.
Fachbeitrag: Berechtigte Interessen als Rechtsgrundlage für das Training von KI-Modellen
Alexander Weiss & Dr. Carlo Piltz haben im aktuellen Heft 12/2024 der Zeitschrift DATENSCHUTZ-BERATER die praxisrelevante Frage untersucht, ob und wann die Rechtsgrundlage des Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO (Interessenabwägung) für die Verwendung personenbezogener Daten zum Zweck des Trainings von KI-Modellen genutzt werden kann.
Prof. Piltz im Interview mit ICC Germany zu den Incoterms® 2020
Incoterms® bieten einen global gültigen Standard für die Lieferbedingungen bei internationalen Geschäften. Seit nunmehr 5 Jahren greifen die Incoterms® 2020, Zeit um einen Rückblick auf die erste Halbzeit zu werfen.
Dr. David Saive und Prof. Burghard Piltz haben sich hierzu zu einem Interview der ICC Germany getroffen. Hören Sie doch gerne rein: Interview: Fünf Jahre Incoterms® 2020 mit Prof. Piltz
Bundesverwaltungsgericht Österreich zum Cookie-Banner: Einfache Möglichkeit zum Ablehnen ist Pflicht
Das Österreichische Bundesverwaltungsgericht (BVwG) hat in einem Erkenntnis vom 31. Juli 2024 (Az. W108 2284491-1/15E) klargestellt, dass ein Cookie-Banner neben der Option Cookies und andere Technologien zu „akzeptieren“ auch eine optisch gleichwertige Option zum Ablehnen enthalten muss. Die Entscheidung ist aus mehreren Gründen bemerkenswert.